StoBeS

Problemstellung

Mit zunehmender Einspeisung von Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen gestaltet sich der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt als immer schwieriger. Eine wichtige Rolle wird hier Speichern zugeschrieben, die Strom in Zeiten großen Angebots aufnehmen und bei hoher Nachfrage wieder abgeben können. Neben natur- und ingenieurswissenschaftlichen Fragen der Entwicklung möglichst leistungsstarker und kostengünstiger Speicher stellt sich auch die Frage nach der ökonomischen Vorteilhaftigkeit von Speichern in zukünftigen Energiesystemen, nicht zuletzt auch im Vergleich zu alternativen Backup-Systemen wie Gasturbinen.

Um diese Frage zu beantworten, ist zum einen eine adäquate Modellierung der stochastischen Einspeisung aus fluktuierenden Erneuerbaren wie Wind- und Solarenergie erforderlich. Zum anderen sind auch moderne Verfahren zur optimalen Bewirtschaftung der Speicher unter Unsicherheit einzusetzen, die zugleich eine Bewertung der Vorteilhaftigkeit der Speicher ermöglichen. Dann kann es gelingen, den Wertbeitrag von Speichern in der zukünftigen Energiewirtschaft angemessen zu quantifizieren, ohne übermäßig vereinfachende Annahmen wie die der Prognostizierbarkeit der Erneuerbaren-Einspeisung zu treffen.

Dabei bietet es sich an, Methoden der Finanzmathematik und der Energieökonomie weiterzuentwickeln und zu verknüpfen. Denn in der Finanzmathematik spielt die Modellierung von Unsicherheiten mit Hilfe von stochastischen Prozessen eine zentrale Rolle und damit einher geht zugleich die Entwicklung von Methoden zur Bewertung flexibler „Assets“, d. h. von Vermögensgegenständen. Diese Methoden sind zwar zunächst für Finanzprodukte wie Optionen entwickelt worden, ihre Anwendung auf sogenannte Realoptionen, d.h. reale Anlagen mit Flexibilitätscharakter, erfreut sich jedoch zunehmender Beliebtheit. Wesentlich ist es jedoch im vorliegenden Fall, dass sowohl bei der Modellierung der stochastischen Fluktuationen als auch bei der Bewertung der Flexibilitäten energieökonomische Spezifika detailliert abgebildet werden.

Zielsetzung des Vorhabens

1. Gesamtziel des Vorhabens

In dem Vorhaben werden neue Methoden zur Analyse des Beitrags von Speichern zu einer zukunftsfähigen Energie- und insbesondere Stromversorgung entwickelt. Dabei sollen finanzmathematische und energieökonomische Modellierungsansätze verknüpft werden, um vielfältig anwendbare Methoden zu erhalten, die die Werthaltigkeit von Speichern in Abhängigkeit von System- und Technologiecharakteristika möglichst umfassend charakterisieren können.

Dazu sollen zunächst mit einem existierenden Elektrizitätsmarktmodell (E2M2s) Szenarien zur zukünftigen Stromversorgung einschließlich des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze identifiziert werden und mit anderen Studien (z. B. Leitstudie Erneuerbare Energien für das BMU, DENA II Studie) und parallel stattfindenden Projekten (im Rahmen eines thematischen Verbundes „Systemanalyse Energiespeicher“ innerhalb der Förderinitiative) abgeglichen werden. Der Fokus der Szenarien soll dabei auf dem Zeitraum 2030 bis 2050 liegen, da aufgrund des zu erwartenden hohen Anteils Erneuerbarer für diesen Zeitraum der Stromspeicherung besondere Bedeutung zukommt. Zudem können für diesen Zeithorizont die Bewertungsergebnisse aus dem Projekt genutzt werden, um für Forschungsstrategien „Target Costs“ (Zielkosten) für unterschiedliche Speichertechnologien zu identifizieren.

Im Kontext der entwickelten Szenarien sollen die stochastischen Eigenschaften der Einspeisung von Wind Offshore und Onshore sowie Photovoltaik modelliert werden. Dabei ist sowohl zeitlichen als auch räumlichen Korrelationsmustern besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Denn für den energiewirtschaftlichen Beitrag von Speichern ist z. B. die Häufigkeit von 14-tägigen Windflauten von großer Bedeutung. Auch ist insbesondere bei Windenergie der nichtlineare Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Windstromproduktion abzubilden, wozu moderne Verfahren der Stochastik genutzt werden können.

Aufbauend auf dieser stochastischen Charakterisierung sind sodann die Flexibilitätspotenziale, die Speicher bieten, zu bewerten. Aus finanzmathematischer Sicht handelt es sich hierbei um Optionalitäten, die mit entsprechenden Verfahren der Optionsbewertung bewertet werden können. Im energiewirtschaftlichen Kontext ist dabei jedoch zu berücksichtigen, dass der Wert nicht nur in Abhängigkeit von einem gegebenen Preisprozess zu ermitteln ist, sondern dass energiewirtschaftliche Restriktionen wie verfügbare Netz- oder Erzeugungskapazitäten den Wert maßgeblich beeinflussen können. Dadurch entstehen Bewertungsprobleme mit speziellen Strukturen von Optionalitäten, die sich so in der Literatur nicht widerfinden und neue Analysemethoden erfordern.

Die entwickelten Bewertungsansätze sollen schließlich verwendet werden, um ausgewählte Speicherkonfigurationen zu bewerten, z. B. dezentrale Batteriespeicher in Verbindung mit Photovoltaikanlagen, größere Druckluftspeicher zur Zwischenspeicherung von Windstrom in Norddeutschland oder Verfahren der Wasserstoff- bzw. Methanerzeugung und -speicherung aus Erneuerbaren-Überschussstrom. Hierbei sollen im Rahmen des thematischen Verbundes „Systemanalyse Energiespeicher“ die Annahmen bzgl. Technologiecharakteristika (Wirkungsgrade, Kosten im Betrieb und Investitionskosten) abzugleichen.

Des Weiteren sollen die Ansätze genutzt werden, um „Target Costs“ für Speichertechnologien abzuleiten und die Auswirkungen unterschiedlicher Regulierungsvorgaben, z. B. zu Kapazitätsmärkten oder zur Behandlung von Eigenverbrauch auf die Wirtschaftlichkeit von dezentralen und zentralen Speichern zu untersuchen.

2. Beitrag des Vorhabens zu den förderpolitischen Zielen der Bekanntmachung

Das geplante Vorhaben ist eine systemische Studie zum Umbau des Energiesystems bei der explizit der Beitrag von Speichern zu zukünftigen Energiesystemen in den Mittelpunkt gerückt wird. Außerdem wird, im Gegensatz zu üblichen Systemstudien, dezidiert der stochastische Charakter der fluktuierenden Einspeisung von Wind- und Solarenergie berücksichtigt. Damit kann der mögliche Beitrag von Speichern deutlich fundierter beleuchtet werden als auf der Basis von deterministischen Modellen, selbst wenn diese detailliert Jahresverläufe analysieren. Die Studie trägt somit eindeutig zum besseren Verständnis des systemischen Zusammenhangs zwischen Ausbau der Erneuerbaren Energien, Netzrestriktionen und Speichernutzung bei.

Indem mit innovativen mathematischen Methoden die Bewirtschaftung von Speichern unter Berücksichtigung der Stochastik der fluktuierenden Einspeisung analysiert wird, wird die Grundlage für die Entwicklung innovativer Management- und Kommunikationssysteme für verteilte Speicher sowie entsprechende Simulations- und Planungstools gelegt.

Schließlich können die entwickelten Methoden auch genutzt werden, um die Wirtschaftlichkeit von Speichertechnologien im Markt und damit im Vergleich zu Alternativen wie Gasturbinen als Back-Up-Technologie zu ermitteln. Daraus lassen sich insbesondere auch Schlussfolgerungen bzgl. der erforderlichen Kostensenkungen für zukünftige Speichersysteme ableiten.

3. Wissenschaftliche und anwendungsorientierte Ziele

Mit der Studie werden Methoden der Finanzmathematik und Stochastik mit energieökonomischen Ansätzen verknüpft, um damit innovative Ansätze zur Bewertung von Energiespeichern bereitzustellen. Damit können im interdisziplinären Umfeld der Energiewirtschaft wichtige Beiträge zur methodischen Weiterentwicklung geleistet werden, die als innovative Ansätze Impulse für die finanzmathematische und stochastische Forschung liefern und dementsprechend auch international wissenschaftlich publiziert werden können. Für die energieökonomische Forschung werden durch die dezidierte Modellierung der Fluktuationen der erneuerbaren Energien in Verbindung mit Speichern und anderen Systemelementen neue Möglichkeiten der Bewertung erschlossen. Diese liefern einen wichtigen Input für systemische Analysen zur Transformation des Energiesystems und stellen auch international innovative Beiträge zur interdisziplinären ingenieurswissenschaftlichen und ökonomischen Energieforschung dar.

Die entwickelten Methoden sind auch für die Anwendung von erheblicher Bedeutung, da sie genutzt werden können, um die Wirtschaftlichkeit von Speichertechnologien im Markt realistisch zu bewerten. Damit wird ein wichtiger Beitrag für fundierte Investitionsentscheidungen im Rahmen der Energiewende gelegt. Indem eine detaillierte Analyse der Wechselwirkungen von stochastischer Einspeisung, Energiespeicherung und Netzrestriktionen durchgeführt wird, wird auch für die Netzentwicklung ein bedeutsamer Input geliefert, der es ermöglicht, fundierter die Abwägung zwischen Netzerweiterung und anderen Methoden der Netz- und Systembewirtschaftung zu treffen.

 

Entsprechend der Zielsetzung werden im Rahmen des Forschungsprojektes folgende Arbeitspakete bearbeitet:

1.        Energieszenarien 2030 bis 2050

2.         Modellierung Stochastik Erneuerbarer Energieneinspeisung

3.         Methoden zur Bewirtschaftung und Bewertung von Energiespeichern

4.         Anwendung für ausgewählte Speichertechnologien

5.         Ableitung von Zielkosten für verschiedene Speicherkonfigurationen

Um die Praxisrelevanz sicherzustellen, werden die Forschungsmethoden und -ergebnisse regelmäßig mit einem Praxisbeirat hinsichtlich ihrer praktischen Verwertbarkeit diskutiert und gegebenenfalls weiter entwickelt. Daneben werden wir im Rahmen unserer internationalen wissenschaftlichen Kooperationen (u.a. Fred Espen Benth, Oslo University; René Carmona, Princeton University, Frits Moeller Andersen, RISOE-DTU Roskilde) unsere Arbeitsergebnisse fortlaufend zur Diskussion stellen (auch im Rahmen von Seminarvorträgen der Projektmitarbeiter).

Projektlaufzeit:

01.11.2012 bis 31.10.2015

Ergebnisse

Die Forschungsergebnisse können Sie hier einsehen.

Kontakt

Dipl.-Ing. Benjamin Böcker

Lehrstuhl für Energiewirtschaft | Universität Duisburg-Essen | Universitätsstraße 12

45141 Essen | Germany

Telefon: +49.(0)201.183-7306 | Fax: +49.(0)201.183-2703 | E-Mail: benjamin.boecker@uni-due.de

Lehrstuhl: www.ewl.wiwi.uni-due.de